Das Volksfest Olavsoku und der Kettentanz auf den Färöern 

Die Färinger auf den Färöer Inseln pflegen ihre alten Bräuche intensiv. Die einsame, isolierte Lage und die zum Teil langanhaltenden, dunklen Jahreszeiten, machen es leicht, das Miteinander zu schätzen und die überlieferten Traditionen nicht einschlafen zu lassen.

Die Isolation erklärt unter anderem die feste Verwurzelung sowie die intensive Beschäftigung mit den Traditionen, welche lange Zeit nicht durch den unmittelbaren Einfluss der Medien gestört und verwischt werden konnte. Kultur und Kunst haben sich auf den Färöern immer sehr gut entfalten und erhalten können, wodurch einige große Namen hervorgebracht wurden, bis heute.

Eine dieser seltenen und lang erhaltenen Traditionen ist das Volksfest Olavsoku und der Ring- oder Kettentanz.


Das Volksfest Olavsoku – und König Olav „der Dicke“.

Ólavsøka nennt der Färinger das Volksfest Olavsoku, welches in der Art nur noch auf den Färöern in dessen Hauptstadt Tórshavn gefeiert wird. Im Deutschen heißt es der Sankt-Olafs-Tag oder das Olavsfest und im Dänischen nennt man es Olai oder Olaifest. Dieses traditionelle Fest findet am Nationalfeiertag der Färinger statt, welcher bereits am 28. und besonders am 29.Juli ausgiebig gefeiert wird.
Seit dem 13. Jahrhundert wird dieser Tag auf den Färöern gefeiert und hat seinen Namen dem heilig gesprochenen norwegischen König Olav Haraldsson (gest. am 29. Juli 1030) zu verdanken. Zu Lebzeiten wurde König Olav wenig schmeichelhaft „der Dicke“ genannt und zum Schluss am 29. Juli 1030 in der Schlacht von Stiklestad von Bauern um sein Leben gebracht.

• „König Olaf fiel an einem Mittwoch, dem Kalender nach am 29.07.1030“
„Es war beinahe Mittag, als die Heere sich trafen und noch vor Mittag die Schlacht begannen, aber noch vor drei Uhr nachmittags fiel der König. Die Dunkelheit aber dauerte von Mittag an bis zu dieser Zeit.“
(Snorri, Heimskringla, Bd. 2, 235, Niedner, Königsbuch, S. 383.)

Volksfest Olavsoku


Es hat viele verschiedene Erklärungsversuche für das Verhalten der Bauern aus Trøndelag gegeben, die aber allesamt nicht schlüssig sind. Sicher ist, dass bisher die zur Verfügung stehenden Quellen, die eigentlichen Hintergründe seines Todes nicht wiedergeben. Es kämpften also nicht Heiden gegen das Christentum, noch handelte es sich um, von Knut dem Großen (1016 König von England) gekaufte Bauern, welche einen verbrecherischen Aufstand gegen ihren König verübten.

Man hat auch Klassenkampfthesen vermutet, in der Form als dass sich der König mit den Bauern gegen die Aristokratie verbündet haben könnte. Wieso sich dann aber die Bauern gegen ihn gewandt haben sollen, ist nicht nachzuvollziehen. Auch simple Rachegedanken der Bauern aufgrund früherer Feldzüge des Königs in Trøndelag wurden angenommen.

Es ging in der Schlacht letztlich um die Königsherrschaft, dennoch wurde Olavs zweifellos gewaltsamer Tod schnell als Martyrium im Zusammenhang mit der Christianisierung Norwegens interpretiert und auch verehrt.
Viele Legenden ranken sich seitdem um König Olav. Er soll Trolle zu Stein verwandelt haben, durch einen Wald und einen Berg gesegelt sein sowie einen erschlagenen Mönch geheilt haben. Gedichte wurden um 1070 über ihn verfasst und ein kleine (21,8m x 7,7 m) Kirche, die Olavskirche auf der Insel Streymoy nach ihm. - Diese steht zur Zeit auf der Anwärterliste für das UNESCO-Weltkulturerbe.

Aufgrund der Heiligenlegenden wurde König Olav zum populärsten Heiligen des ganzen Nordens. Bis zur Reformation wurde er als Nothelfer, Heiliger der Seefahrt, Hüter von Recht und Gesetz sowie als Wundertäter verehrt. Speziell in Norwegen galt er als Nationalheiliger.

Trotz der Legenden und Sagen die sich um ihn ranken war König Olav nicht besonders beliebt bei seinen Untertanen, da er die Färinger seinerzeit mit sehr hohen Steuern belastete. Bis heute ist kein Ort und keine Straße nach ihm benannt, noch war er selbst jemals persönlich auf den Färöern. Das alles hält die Färinger aber nicht davon ab, diesen Tag mitten im Sommer und in der Hochsaison zum christlichen Feiertag, dem Tag der Parlamentseröffnung, zum Sportereignis, Volksfest und Karneval zu deklarieren.

Für die Färinger ist dieser Tag der wichtigste Tag im Jahr. Viele Touristen nehmen ihn heute als Touristenattraktion wahr, wollen daran teilnehmen, weshalb die Hotels vor Ort auf den Färöern oft ein halbes Jahr vor diesem spektakulären Ereignis bereits ausgebucht sind. Heute gibt es parallel zu diesem Event auch noch das Ólavsøkufestival, auf dem von färöischen Künstlern zeitgenössische Populärmusik präsentiert wird.



Góða Ólavsøku! Jedes Jahr wieder - am 28. und 29. Juli

Zur Zeit der Ólavsøka grüßt der Färinger mit: Góða Ólavsøku! (Gute Ólavsøka!). Viele hissen die färöische Flagge und tragen die färöische Tracht. Es wird getanzt, allerdings zu alten Balladen mit der alten Form des Kettentanzes (Ringtanz) welcher aus dem Mittelalter überliefert wurde und nur hier auf den Färöern noch in der ursprünglichen Art praktiziert wird.

Die offizielle und feierliche Eröffnung des Olavsfestes findet jedes Jahr am 28.Juli um 14.00 Uhr statt. Danach finden in Form einer Regatta Ruderwettkämpfe statt – als Abschluss der Ruder-Saison um die nationale Meisterschaft. Dabei geht es um das Prestige der Orte auf den Färöern, beobachtet von der interessierten Menschenmenge im Tórshavner Hafen. Der 29. Juli ist zugleich der Tag der Parlamentseröffnung. Løgtings genannt, welcher mit einer Prozession zur Tórshavner Domkirche von administrativen und geistlichen Würdenträgern gestaltet wird. Eine Rede zur Lage der Nation mit der Vorausschau auf das kommende Jahr gehört ebenfalls dazu. Für alle Pfarrer des Landes findet an dem Tag im Bischofssitz der jährliche Konvent der evangelisch – lutherisch färöischen Volkskirche statt.

Góða Ólavsøku! (Gute Ólavsøka!)

Beendet wird die Feierlichkeit am 29.Juli um Mitternacht – mit einem Feuerwerk und dem gemeinsamen Singen aus speziell dafür gefertigten Gesangsheften. Tausende Menschen versammeln sich am Ende des Tages, um für eine Stunde gemeinsam alte und neue Volkslieder zu singen.



Bewahrt aus dem Mittelalter - Der Kettentanz oder Ringtanz

Viele Touristen sind heute fasziniert von den gepflegten Tradition des Ketten- oder Ringtanzes der Färöern. Speziell die mittelalterlichen Tradition aus dem 13. Jahrhundert sind es, was die Touristen dazu bewegt, ihren Aufenthalt für genau diese Zeit des Olavsfestes zu buchen. – Aktiv teilnehmen und die Traditionen ganz nah erleben, ist das Hauptanliegen der meisten Besucher.
Der Kettentanz ist ein brauchtümlicher Volkstanz, ähnelt dem Reigen, ist heute aus dem übrigen Europa fast vollständig verschwunden.

Was macht den Ketten- oder Ringtanz aus?

An erster Stelle prägend für den Kettentanz ist die Art der musikalischen Begleitung, welche ihren Ursprung in der Wikingerzeit hat. Deshalb erst ein kleiner Schritt zurück in die Wikingerzeit.
Es gibt kaum schriftliche Überlieferungen von der Musik der Wikinger, lediglich Texte. Nur wenige Instrumente wie Knochenflöte, Lyra, Hörner wurden bei Ausgrabungen gefunden. Das alles lässt darauf schließen, dass die Wikinger ihre Musik mehr gesungen und getanzt haben, statt sie auf Instrumenten auszudrücken. Über die Art der Musik ist wenig bekannt. Sie wurde später im Zuge der Christianisierung stark verändert. Die harten Lebensbedingungen der Wikinger ließen vermutlich kaum Zeit und Raum für die Herstellung von Musikinstrumenten, denn es ging ums Überleben, nicht ums Unterhalten. Das Leben im hohen Norden fand zudem zur Hälfte des Jahres im Dunkeln statt, einer Zeit in der sich auch beschäftigt werden musste, wie beispielsweise mit Spielen, (Kunst- ) Handwerk oder eben mit Musik. Man kann sich denken, dass die Bedingungen auf den Färöern für den Erhalt dieser Tradition deshalb sehr günstig waren. Am längsten überlebt haben die Wikinger wohl deshalb auf den vielen Inseln, beispielsweise Island, wo letztlich begonnen wurde auch einige Texte aufzuschreiben. Die mangelnde Notation der Isländer verhinderte aber leider auch hier die Überlieferung der Melodien.


Heute gibt es etwa eine Handvoll Melodien aus etwa der Zeit, die in verschiedenen Versionen in Nordeuropa auftauchen. Ein Beispiel dafür ist die norwegische „Ramundweise“. Gesungene Tänze mit Wurzeln aus der Wikingerzeit, welche heute nur noch auf den Färöer Inseln zu finden sind – im Zusammenhang mit dem Kettentanz. Die Melodieführung ist ungewöhnlich, da die Melodie in der Höhe beginnt, aus der Höhe herunter pendelt, um dann wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren, welcher wiederum zum Startpunkt eines im Ergebnis „Endlosliedes“ wird. Unzählige Strophen sind die Folge. Zum Vergleich: In der abendländischen Kultur ist der umgekehrte Melodiebogen Tradition. Dabei steigt die Melodie aus den entspannten tiefen Lage empor, um sich dann wieder zu entspannen.

Der Kettentanz selbst erlaubt nur wenige Rückschlüsse auf die Färöer Musik. So wird sie das erste Mal gehört, klingt diese wie unsere gebräuchliche Dur-Tonleiter. Ausgehend vom oberen Grundton (in C-Dur: c2) geht es im „Kettentanz“ abwärts bis zum g1, dann über einen Abwärtsschlenker zum d1 und springt dann wieder über das g1 zum Ausgangspunkt zurück. Der tief Grundton (c1) wird dabei aber nie endgültig erreicht, was die Spannung über viele Strophen hinweg aufrecht erhält.

• Die isländischen Zwiegesänge Tvisóngvar und Rimnalóg sind eine ebenso alte Musikform, welche aus dem Mittelalter bewahrt wurden.



Stigingarstev, Trokingarstev, Banda dansur?

V. U. Hammerhaimb als gebürtiger Färinger hat bereits 1891 den Färöischen Kettentanz beschrieben. Der Gesang während des Kettentanzes besteht aus färöischen Balladen, Heldenliedern und Volksmusik, welcher von einem oder mehreren Vorsängern angestimmt wird. Wobei am Ende eines jeden Verses alle Beteiligten in den Gesang mit einstimmen. Während des Tanzes wird der Text des Liedes von den Tanzenden aufmerksam verfolgt, die Mimik und Gestik des Einzelnen passt sich den im Text vermittelten Inhalten an. Der Tanz wird zu einer Art empathischer Interpretation der Ballade oder des Liedes. Ist der vermittelte Höhepunkt erreicht, drücken sich die Tanzenden die Hände, jubeln und hüpfen erfreut.

Der Tanz selbst ist nicht kompliziert, besteht in der Hauptsache aus einfachen Schrittfolgen. Wichtiger als die Schrittfolgen ist, dass sich die Tanzenden aneinander festhalten, einen Kreis bilden und dass sich dem Kreis viele Tanzende anschließen. So entsteht ein Ring, darin noch einmal ein Kreis usw. Bei einer großen Anzahl Tanzender (und einem großen Raum) sind die Kreise wie ununterbrochene Ketten, jeder der Teilnehmer ist mal im äußeren Kreis und mal in der Mitte. Die Tanzenden passieren einander von Angesicht zu Angesicht. Auf diese Weise treffen sie sich zweimal pro Rundgang.

Die Melodien des Färöischen Kettentanzes sind im Sechstel - Takt verfasst sowie von dem festen und einförmigen Stampfen der Füße begleitet. Dazu gibt es drei verschiedene Arten von einfachen Schrittfolgen.



Der Stigingarstev

Die Schrittfolge des Stigingarstev besteht grundsätzlich aus einem Vorwärtsschreiten nach Links, so dass der Rhythmus der Melodie durch sechs laute Tritte mit den Füßen unterstützt wird.

· der linke Fuß geht einen Schritt zur Seite
· der rechte Fuß wird nach gezogen - tritt auf die Stelle, wo der linke stand
· der linke Fuß geht wieder einen Schritt voran
· der rechte folgt dem linken nach
· der rechte Fuß tritt nun wiederum nach rechts zur Seite oder einen Schritt zurück
· der linke Fuß folgt dem rechten nach, und so geht es dann ununterbrochen zum Takt der Melodie weiter.

Ist das Lied oder die Thematik der Ballade ernsterer Natur, wird an dieser Stelle langsamer gesungen und auch langsamer sowie gesetzter getanzt.



Eine zweite und sehr bekannte Art der Schrittfolge ist:

Der Trokingarstev

Mit Trokingarstev ist der „Trokingar- Schritt“ gemeint, welcher seinen Ursprung in dem färöischen Wort „troka“ findet. Troka bedeutet „sich scharren“ oder „sich ins Gewühl pressen“. Bei der Tanzweise hält man sich in einem ununterbrochenen Rundkreis an den Händen, steht aber mehr oder weniger still, oder geht mit den üblichen Schritten zurück, wenn der Vers des Liedes gesungen wird. So geht es mit den selben Schritten weiter bei den Kehrreimen.

Diese Art des Tanzes benötigt schnelle und lebendige Lieder. In Nordfjords (nördlich von Sandoy) sind diese Traditionen etwas verändert umgesetzt. Bei diesem Tanz betonen die Tänzer das Stampfen mit den Füßen mehr. In den südlichen Dörfern auf Suðuroy hingegen, versteht es sich, dem Tanz einen ganz anderen Ausdruck zu verleihen.

· Eine dritte Form des Kettentanzes ist der Banda dansur

Ebenso leicht und schnell wie der Trokingarstev geht der Band–Tanz, der „Banda dansur“. Lieder und Balladen werden hierbei gesungen und die Tänzer stehen dabei in zwei Reihen zu einander zugewandt, mit 1-2 Ellen Abstand voneinander. Auf der einen Seite stehen die Männer, auf der anderen die Frauen und halten ein Band zwischen sich. Den Liedvortrag begleiten die üblichen festen Tritte zum Takt. Beim Kehrreim werden die Hände, die das Band halten angehoben und es wird paarweise unter den gehobenen Bändern hindurchgegangen, bis man am Ende der Reihe angelangt ist und sein Band erhebt für die nachfolgend Hindurchschreitenden. Bis zum Schluss der Platz erreicht wird, von dem es zuerst losgegangen ist. Von welchem es aus auf die selbe Art und Weise immer wieder von vorne beginnt, bis zum Ende des Liedes. Dieser Tanz ist sehr lebendig, aber auch etwas ermüdend. Auch Spiele, speziell Weihnachtsspiele, die von Gesängen begleitet werden, gehören zu der Tanzkultur der Färöer.

Manche sind bereits von außerhalb inspiriert, andere wiederum speziell von den färöischen Liedern. Diese Schauspiele finden bei Zusammenkünften vermehrt zuhause oder unter freiem Himmel statt. Jens Christian Svabo hat in seine Reisebeschreibungen eine Vielzahl solcher Spiele geschildert.
und zum Schluss:

· Noch ein „magischer Ring“ der Färöer

Purpurfarbene Regenwolken, zerklüftete Landschaft in goldenem Schimmer, raue See gegen Zwillingsfelsen schlagend, welche wie zwei krumme Zähne aus der Brandung ragen... das sind die Färöer kurz nach 21 Uhr im magischen Bann der Naturgewalten.
Diese mystische Atmosphäre erweckt in vielen Besuchern der Inseln regelrecht die Vorstellung von einer Bande Orks, welche hinter einem Felsen hervorkriechen könnten, oder von einem Pfeife rauchenden Hobbit, welcher aus einem der torfgedeckten Häuschen der Färöer hervortritt. Die Erinnerung an den Fantasy-Klassiker „Herr der Ringe“ ist auf den Färöern durchaus nicht fehl am Platze. Der Sage nach ist tatsächlich ein magischer Ring auf dieser Inselgruppe, auf halber Strecke zwischen Island und Norwegen, vergraben worden. „Wer ihn hat, bekommt viel Macht, aber wer ihn hat, wird deswegen auch sterben“ - so sagt der Hobby- Historiker Jakub Mikkelsen.

Nicht nur das Olavsfest und der Kettentanz der Färöer erinnern sehr an diese mystischen, geheimnisvollen Zeiten, allein die ungebändigte, unverdorbene Natur umfängt jeden Besucher mit einer ganz besonderen, eigenwilligen Magie, hält den Glauben an Sagen und Fantasywelten wach.



 

Folklore Färöer



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